Wie die Logopädie in der Rheinburg-Klinik Walzenhausen die Patientinnen und Patienten unterstützt. Insgesamt vier Logopädinnen arbeiten in der Rheinburg-Klink Walzenhausen. Mit ihrer Unterstützung sollen die Patientinnen und Patienten wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Dabei gibt es selbst zur Mittagszeit therapeutische Übungen.
Der Blick auf den Bodensee von der Rheinburg-Klinik Walzenhausen ist beeindruckend. Doch für die acht Patientinnen und Patienten, die ihre Mittagspause an diesem Tag im «Säli» verbringen, ist dies nebensächlich. Hinter ihnen liegt eine lange Leidensgeschichte. Nach einem Schlaganfall oder einer Erkrankung an Multipler Sklerose und Parkinson benötigen sie eine individuelle, besondere Betreuung. Neben einer Pflegefachfrau ist deshalb auch eine Logopädin anwesend.
Die Therapie endet auch nicht zur Mittagszeit. Nathalie Greussing schenkt Wasser mit Sirup in das Glas von Tomislav Petkovic. «Siiirup», sagt die Leiterin der Logopädie der Rheinburg-Klinik Walzenhausen und zieht das «i» besonders lang. Tomislav Petkovic schaut sie an. «Siiirup», wiederholt Nathalie Greussing langsam und deutet auf das Glas. «Sirup», sagt Petkovic mit leicht verwaschener Aussprache und rauer Stimme. «Sehr gut», lobt Nathalie Greussing, die immer wieder kleinere Übungen wie diese mit einstreut.
Intensive Betreuung im «Säli»
Maximal zehn Patientinnen und Patienten finden Platz im «Säli». Die Einrichtung wurde in der Rheinburg-Klinik Walzenhausen eigens geschaffen, um jenen Erkrankten gerecht zu werden, die eine besondere Betreuung beim Essen benötigen. Erst wenn sie wieder selbstständig und ohne Unterstützung essen können, werden sie in den grossen Speisesaal verlegt, wo die anderen Rehapatientinnen und -patienten ihre Mahlzeiten einnehmen.
Für das Fachpersonal der Rheinburg-Klinik, das im «Säli» Dienst hat, ist die Mittagszeit fordernd. Sie reden, fragen, unterstützen. Sie dokumentieren, beobachten und servieren das Essen. Dabei achten sie penibel darauf, dass jede Patientin und jeder Patient die für ihn bestimmte Nahrung erhält. Denn jede Mahlzeit ist nach der IDDSI-Klassifikation eingestuft. Nach genau definierten Konsistenzstufen erhalten die Patientinnen und Patienten das Essen und Trinken, damit sie es ohne Schwierigkeiten und gefahrlos schlucken können. So gibt es an diesem Tag eine Cremesuppe und Gulasch mit Kartoffelstampf – alles in unterschiedlichen Garstufen und Festigkeiten.
Vor und nach der Mittagszeit im «Säli» arbeiten die Logopädinnen in Einzel- sowie Gruppentherapien und beraten Angehörige. «Das Ziel der Logopädie und generell der Neurotehabilitation ist es, dass die Patientinnen und Patienten wieder am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können», sagt Nathalie Greussing. So betreuen die Logopädinnen an der Rheinburg-Klinik Patientinnen und Patienten mit neurologischen Grunderkrankungen, wie nach Schlaganfall oder Schädel-Hirn-Trauma sowie bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson oder Multipler Sklerose, aber auch Demenz- oder HNO-Patientinnen und -Patienten mit beispielsweise Karzinomen im Mund- und Rachenbereich. Solche Erkrankungen können zu Veränderungen der Sprach- und Sprechfähigkeit, der Stimme und/oder der Schluckfunktion führen.

Anamnese ergibt detailliertes Krankheitsbild
Tomislav Petkovic kam im November 2024 mit einem Hirninfarkt ins Spital. Seine Reha verbringt der 75-Jährige in Walzenhausen. Bei der detaillierten Anamnese fragt Nathalie Greussing auch verschiedenste Dinge ab. «Dabei erfahre ich viel über die Leute und nebenbei auch, wie das Sprechen ist», sagt sie. Nach und nach fragt sie spezifischer, beispielsweise: «Ist das Sprechen wie vorher?» – «Ist Ihre Stimme etwas rauer oder tiefer als vorher?» Dann folgen Sprech- und Zungentraining und auch Übungen zum Wortabruf.
Der Schwerpunkt der logopädischen Arbeit in der Rheinburg-Klinik liegt in der Diagnostik und Behandlung von stationären Patientinnen und Patienten, die als Folge einer neurologischen Erkrankung in ihrer sprachlichen Ausdrucksfähigkeit, dem Schluckverhalten und im mündlichen oder schriftlichen Sprachverständnis eingeschränkt sind. Störungsbilder sind Sprachstörungen (Aphasien), Sprechstörungen (Dysarthrophonien, Sprechapraxien), Schluckstörungen (sogenannte Dysphagien), Fazialisparesen sowie Sprachstörungen bei Demenz.
Angebote für Einzel- und Gruppentherapien
In Einzel- und Gruppentherapien wird versucht, die Patientinnen und Patienten zu unterstützen. Die Einzel- und Gruppentherapien erfolgen nach evidenzbasierten Konzepten, beispielsweise in der CIAT-Gruppe (Constraint-Induced Aphasia Therapy) für Menschen mit Aphasien und/oder kognitiven Kommunikationsstörungen. Dort wird im geschützten, kleinen Setting für den kommunikativen Alltag geübt. Dabei betont Nathalie Greussing vor allem auch das Zusammenspiel mit anderen Fachbereichen: «Für eine gelingende Rehabilitation ist die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Disziplinen wie Ergotherapie, Physiotherapie, Neuropsychologie, Ernährungsberatung und des Pflegedienstes von grosser Bedeutung.»
Denn die Teilnahme am «normalen» Alltag ist für alle das Ziel – so auch für Tomislav Petkovic. Zusammen mit ihm definiert Nathalie Greussing das Ziel für die Rehabilitation in Walzenhausen. «Ein Schnitzel essen und die Reha ohne Magensonde verlassen können», notiert sie. Denn «normal» essen und trinken ist nicht nur Genuss, sondern auch Lebensqualität. Aktuell ist das kein Problem für Tomislav Petkovic. «Wenn das weiter so gut klappt, dann können Sie in zwei bis drei Tagen im Speisesaal essen», gibt sich Nathalie Greussing optimistisch. Und von dort kann er dann vielleicht auch den herrlichen Blick auf den Bodensee etwas mehr geniessen.

Nathalie Greussing,
Leiterin Logopädie
Eine Logopädin oder ein Logopäde arbeitet mit Patientinnen und Patienten, die Schwierigkeiten mit Sprechen, Sprache, Stimme oder Schlucken haben. Sie führen gezielte Therapien durch, um diese Fähigkeiten zu verbessern oder wiederherzustellen. Die Aufgaben einer Logopädin oder eines Logopäden umfassen häufig:
- Diagnose von Sprach- und Sprechstörungen: Die Logopädin oder der Logopäde untersucht, wie gut der Patient oder die Patientin sprechen und verstehen kann.
- Individuelle Therapie: Es werden spezielle Übungen entwickelt und durchgeführt, um die Kommunikation zu verbessern, wie zum Beispiel Artikulationsübungen, Stimmtraining oder Sprachverständnisübungen.
- Schlucktherapie: Bei Patientinnen oder Patienten mit Schluckstörungen arbeitet die Logopädin oder der Logopäde an Techniken, die das sichere Schlucken erleichtern.
- Beratung und Unterstützung: Die Logopädin oder der Logopäde gibt den Patientinnen und Patienten sowie deren Familien Tipps und Übungen, die die Kommunikation im Alltag fördern.